Propeller auf dem Boden, Menschen in der Luft, Druck im Raum durch Beats aus der Box – Willkommen beim „Express Your Style Battle“. Mitten im Geschehen wirbeln die zwei Mitbegründerinnen und Organisatorinnen Claudia Saalmüller und Judith Pawlos. Teilweise hinter den Kulissen und manches mal auch als Moderatorinnen auf der Bühne. Das war 2017 und bis dato die letzte Ausgabe des Dance Battles, das seit seiner Uraufführung 2006 zum größten seiner Art in Süddeutschland geworden war.
Zurück in die Zukunft
Es ist 2021 und “Express Your Style” hat sich zu einer Plattform weiterentwickelt. Traten zu Beginn junge Tänzerinnen und Tänzer in Kategorien wie Locking, Hip Hop oder Popping gegeneinander an, entstehen hier nun Initiativen im Kontext von Kultur und Gesellschaft. Der Grundgedanke bleibt bestehen: Die Förderung urbaner Tanzkultur und das Aufzeigen von Perspektiven. Ein wesentliches Anliegen von Claudia Saalmüller und Judith Pawlos ist die Diversität in der Kukturlandschaft. Dazu hinterfragen sie beispielsweise Begriffe wie ´Hochkultur` und hinterfragen die Mechanismen, die sich dahinter verbergen. Seit 2017 gestaltet Express Your Style auch das Programm des Weltfrauentags in München mit. Mit #sheinspiresme setzen sich die beiden mit dem Thema „Frauen und ihre Rolle im Kulturbetrieb“ auseinander. Den Auftakt macht ein Kurzfilm, bei dem zwei etablierte Künstlerinnen aus verschiedenen Kulturbereichen unter dem Aspekt Female Leadership portraitiert werden.
Bewegen, was einen bewegt
Claudia Saalmüller ist Choreografin, Yogalehrerin und Tanzpädagogin. Judith Pawlos verantwortet bei einem Start-up die Contentabteilung und ist ausgebildete Eventmanagerin. Beide verbindet nicht nur die Liebe zur Musik und zum Tanz, sondern eine lange Freundschaft sowie der Wille und Drive eine aktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Selbst mit Tanztalent gesegnet und mit dem Wunsch jungen Menschen Perspektiven aufzuzeigen, beschäftigen sich Claudia und Judith seit Jahren u. a. mit der Frage, weshalb Förderungen durch Kulturministerien so verhältnismäßig gering für urbane Subkultur ausfallen.
„Ich störe mich einfach an dem Begriff der klassischen `Hochkultur`.
Judith Pawlos
„Zum Glück öffnet sich die klassische Hochkultur immer mehr dem urbanen Tanz, sodass sich mehr Möglichkeiten für Tänzer ergeben“ hebt Judith hervor, als wir es uns in einem kleinen Münchner Café gemütlich machen. In einer Zeit, in der Hip Hop in Form von Musik und Tanz zum Beispiel aus der französischen Theater- und Kulturszene nicht mehr wegzudenken ist, erscheint unser Begriff der „Hochkultur“ im Kulturgeschäft wie ein veralteter Begriff aus vergangenen Zeiten. Insbesondere vor dem Hintergrund des hohen Niveaus und der Perfektion, mit der moderne Tanz- und Musikperformances mit Hip-Hop-Wurzeln stattfinden. Hochkultur hat sich hingegen schon immer an ein Nischenpublikum gewendet.
Perspektiven aufzeigen
„Express Your Style hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Was für uns als Spaßprojekt begann, ganz einfach, weil wir die Tanzstile Popping, Locking, House, Hip Hop und alles, was dazu gehört, so lieben, ist zu einer Plattform für Kulturprojekte geworden“, erzählt Claudia Saalmüller, während wir auf das Frühstück warten. Judith Pawlos fügt hinzu, dass „diese Plattform ein internationales Netzwerk mit sich bringt, das wir nutzen möchten, um einerseits gesellschaftliche Denkanstöße zu geben. Andererseits auch aktiv etwas anzubieten, bei dem sich junge Menschen Inspiration holen und sich ausprobieren können.“ – „Bei Express Your Style sehen die Teilnehmer*innen, wie man durchaus auch in dieser ‚Subkultur‘ Karriere machen kann. „Nicht nur klassischer Tanz, klassische Musik und ein solides Studium an der Universität führen zu einem Engagement an Opern, Theatern etc.“, erzählt Claudia weiter. Nicht nur im Kulturbereich haben Tänzer die Möglichkeit sich zu verwirklichen. Trends aus der Subkultur haben einen enormen Einfluss auf den kommerziellen Bereich. „Schauen wir uns doch mal Fashion, Musikvideos, Werbung, Sprache und die Konzerte der ganz großen Stars an, es wird sich an der Hip Hop Kultur bedient“ betont Judith.
Claudia Saalmüller im Gespräch mit Judith Pawlos (von links) Judith Pawlos (rechts) im Gespräch mit Claudia Saalmüller
Die Initiative #SheInspiresMe
In der Initiative und dem Kurzfilm „She Inspires Me“ lassen Claudia Saalmüller und Judith Pawlos Subkultur und Hochkultur miteinander sprechen. Hier geht es darum, wie beide Seiten sich bereichern können. Annäherung statt Abgrenzung. Doch „She inspires me“ schlägt noch ein weiteres Kapitel auf: Wie steht es eigentlich um die Rolle der Frau in der Kulturbranche?
Protagonistinnen des Films sind die Choreografin und Tänzerin Inga Schneidt sowie die Klarinettistin Pamela Coats. Beide erzählen in dem Film von ihren Herausforderungen, als Frauen mit alternativen Biografien ihre Rolle in einem klassischen Ensemble zu finden. Und beide begegnen sich nicht nur im Skript, sondern auch im tatsächlichen Leben während der Dreharbeiten das erste Mal. Die Chemie stimmt von Beginn an. Dazu trägt auch das tolle Team bei, das Claudia und Judith akquirieren konnte. Allen voran Regisseurin Kokutekeleza Musebeni, die sich mit dem Thema aufgrund ihrer eigenen Biografie gut identifizieren kann.
Inga „Ina“ Schneidt arbeitet am Stadttheater Giessen als Choreographin. Sie selbst war und ist international gebuchte Tänzerin und bekannt für ihren Style, der als „Locking“ bezeichnet wird. Eine Hip Hop Tänzerin als Choreografin an der Oper? Wunderbar!
Pamela Coats ist Klarinettistin mit internationalen Auszeichnungen in Deutschland, Italien und den USA. Als Frau und Schwarze begegnete sie in ihrer Karriere gleich einer Vielzahl von Ressentiments. Sie hat sich vor allem durch ihre Vielseitigkeit und Konzerte als Solistin einen Namen gemacht. Als Mitglied der GEDOK- Der Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstfördernden e.V., der die künstlerischen Talente von Frauen zu fördert.
„SheInspiresMe“ ist aber nicht nur ein Kurzfilm. Es ist eine Initiative und genau wie „Express Your Style“ ein Türöffner für mehr Diversität in der Kulturlandschaft. Mit ihren zahlreichen Engagements schaffen Claudia Saalmüller und Judith Pawlos Kultur, den Raum in dem sie stattfindet gleich mit und erreichen damit über Filterblasen und Subkultur hinaus eine breite Öffentlichkeit. Der Begriff „Kulturschaffende“ ist in diesem Kontext wirklich passend.
Der Film SheInspiresMe
Behind The Scenes von SheInspiresMe 2021
Hier möchte ich mit euch ein paar Eindrücke von den Dreharbeiten teilen.
Claudia und Judith wollen sich mit und in der Stadt bewegen. Dafür zeigen Sie Perspektiven auf und beweisen, dass Kultur nicht nur von Vielfalt profitiert, sondern auf sie angewiesen ist. Den Film „She inspires me“ könnt ihr euch hier nun direkt anschauen. Spread the word!
Achso und „She inspires me“ kann ich in im Falle aller Beteiligten nur bestätigen.
Mehr über Claudia Saalmüllers und Judith Pawols Projekte:
Web: http://www.express-your-style.de
Social: https://www.instagram.com/express_your_style_battle
Roundtable Talk zu „SheInspiresMe“: https://youtu.be/VJbuThtlBEw
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